15.10.2014
Donnerstag, 6. November 2014 20 Uhr
"Wie wir wahrnehmen und für wahr nehmen
Ein Vortrag von Ulrich Reukauf
Vorstandsmitglied der Gesellschaft für angewandte Philosophie
Stadtbibliothek Gaggenau
Eintritt frei
Seit der Antike wird über das Verhältnis von Wahrnehmung und Wirklichkeit nachgedacht. Mit Immanuel Kant erkennt die Aufklärung, dass alle Wahrnehmung und alles Denken über Wirklichkeit an „Bedingungen der Möglichkeit von Erkenntnis“ gebunden sind. Auf dieser Grundlage muss man annehmen, dass Empfindungen, Wissen und Gedanken die Realitätswahrnehmung beeinflussen.
„Wahrheit ist, was der Denkstil sagt, dass Wahrheit sei“. Zu dieser Einsicht gelangte Paul Feyerabend, Protagonist einer „anarchistischen Erkenntnistheorie“, weil er meinte, uns sei eine unmittelbare Wahrnehmung der Realität aufgrund beschränkter Erkenntnisfähigkeit nicht gegeben.
Heute wissen wir, dass Wahrnehmen ein kreativer Prozess ist und unser Bewusstsein auf einer festgelegten neuronalen Basis ein plastisches Denkgebäude errichtet, wobei Erfahrungen, Empfindungen und Stimmungen dessen wichtigste „Baumeister“ sind. Jeder Wahrnehmungsakt steht auf einem ererbten Fundament, ist darüber hinaus neuronal erworben und von erlernten Mustern geprägt, emotional in die Vorgeschichte der Erfahrung eingebettet, wird von situativen (besonders existentiellen) Gegebenheiten und Erwartungen beeinflusst, nicht zuletzt auch vom Gesundheitszustand.
Wir beginnen das Thema „Wahrnehmung“ mit Philosophie, streifen empirische Befunde, machen einen Ausflug in die Kunsttheorie, befragen die Neurobiologie und kehren wieder zur Generalvorstellung der Philosophie zurück, die so auf den Punkt gebracht werden kann: Wir haben nicht die Welt an sich, sondern bilden sie mittels Kategorien ab. Diese „gegenstandskonstitutive Funktion des Bewusstseins“ wiederum bedeutet: „Realität“ ist ein Interpretationskonstrukt. (Hans Lenk)
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