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Gaggenauer Wirtschaftsforum

27.11.2007

„Eine sehr gute Diskussion, die fortgesetzt werden muss“

Die Diskussion beim Gaggenauer Wirtschaftsforum ließ an Vielseitigkeit und Fachkunde nichts zu wünschen übrig - und verlangte nach mehr.<br />
Die Diskussion beim Gaggenauer Wirtschaftsforum ließ an Vielseitigkeit und Fachkunde nichts zu wünschen übrig - und verlangte nach mehr.
Die Diskussion beim Gaggenauer Wirtschaftsforum ließ an Vielseitigkeit und Fachkunde nichts zu wünschen übrig - und verlangte nach mehr.

„Berufsausbildung als Wirtschaftsfaktor – welche Ausbildung braucht die Wirtschaft?“: Unter diesem Motto luden der Arbeitskreis Wirtschaft und Einzelhandel und die Stadt Gaggenau neulich zum „Gaggenauer Wirtschaftsforum“ ein. Die Veranstaltung in der Carl-Benz-Schule, die Stephan Kammerer von der IHK Karlsruhe moderierte, stieß auf eine starke Resonanz und führte zu einer intensiven, ertragreichen Diskussion.

Der Stadt als Schulträger liege viel daran, „dass der Bildungsstandort Gaggenau den Anforderungen genügt, die die einheimischen Unternehmen an Auszubildende stellen“, betonte Oberbürgermeister Christof Florus. Er hoffe, dass das Wirtschaftsforum Auftakt zu einem permanenten Austausch zwischen Schulen und Unternehmen werde. „Damit wären gute Voraussetzungen gegeben, um auf die Bedürfnisse der Betriebe flexibel und angemessen reagieren zu können“, sagte der Oberbürgermeister.

Auf den extrem starken Rückgang offener Ausbildungsstellen in den 90er-Jahren, dem ein nur sanfter Anstieg in jüngster Zeit folgte, verwies Inge Bellan-Payrault von der Agentur für Arbeit Rastatt. Obwohl die Ansprüche der Auszubildenden und die Anforderungen der Stellen mitunter differierten, nähmen die Ausbildungsverhältnisse derzeit langsam zu. Bellan-Payrault erläuterte die berufsorientierenden und berufsvorbereitenden Maßnahmen der Agentur für Arbeit.

Die Frage laute nicht: „Welche Ausbildung braucht die Wirtschaft?“, sondern: „Welche Ausbildung lässt Gesellschaft und in diesem Fall das Land Baden-Württemberg zu?“, gab Achim Rheinschmidt von der Eichelbergschule Bad Rotenfels zu bedenken. So habe die Landesregierung den Förderunterricht in Hauptschulen, „da wo er hingehört“, abgeschafft und eher an Gymnasien verwiesen, beklagte Rheinschmidt. Damit seien die Aufgaben der Hauptschulen nicht leichter geworden.

Schwer haben es laut Michael Plocher von der Handwerkskammer Karlsruhe auch die mittelständischen Unternehmen. „Was Familie und Schule nicht leisten kann, kann der Betrieb auch nicht leisten“, legte Plocher den Finger in die Wunde. Gerwin Kohlbecker von der Daimler AG und Hans-Otto Reuscher von der Werbegemeinschaft Gaggenau hingegen hatten an den Auszubildenden nichts auszusetzen. „Im Murgtal ist die Welt noch in Ordnung“, formulierte es Norbert Lais von der Realschule Bad Rotenfels. Seine Einrichtung ziele darauf, Kompetenzen des Fachwissens und nicht nur solche des Präsentierens zu vermitteln.

Neu sei die Einrichtung eines Berufskollegs an der Handelslehranstalt Gernsbach, bemerkte der dortige Leiter Stephan Blum. Besucher dieses Kollegs seien fünf Tage im Betrieb und kämen alle vier Wochen „zur Auffrischung“ in die Schule. Diese Vorgehensweise, die sich bereits als „Gernsbacher Modell“ herumgesprochen habe, erfreue sich hochmotivierter und leistungsbereiter Schüler, die einen verdichteten Stundenplan absolvierten. Blum plädierte dafür, als Schule das Augenmerk auf die „Abnehmer“ der Absolventen zu richten. Seine Einrichtung habe in dieser Hinsicht nicht zu klagen, denn die Vermittlungsquote liege bei 75 Prozent.

Den Anteil seiner Schüler, die am dualen Ausbildungssystem (das parallel in Betrieb und Berufsschule stattfindet) teilnehmen, bezifferte Wolfgang Brähler von der Carl-Benz-Schule Gaggenau mit 82 Prozent. Plocher hielt den Schulen vor, zwar Primär- und Sekundärtugenden zu vermitteln, jedoch keine „Berufsinformation“. Viele Schüler wüssten nicht, wie es später im Beruf zugeht. „Die Schulen müssen das leisten“, forderte Plocher. Dem entgegnete Brähler, dass in der beruflichen Ausbildung viel zu viele Interessengruppen mitreden würden. So verfolge die Wirtschaft in erster Linie ihre eigenen Interessen. Das Kultusministerium allerdings habe im Bildungsbereich federführend zu wirken „und sollte nicht nur verlängerter Arm der Wirtschaft und ihrer Verbände sein“, verlangte Brähler.

Gut Ding will Weile haben, warf Rheinschmidt in die Diskussion ein und sprach sich dafür aus, die Langsamkeit wieder zu entdecken. „Alles hat seine Zeit“, riet Rheinschmidt, nicht alles durch die Zeiteffizienzbrille zu sehen. Dem entgegnete Kohlbecker, dass die Produkte immer komplexer würden und dass hier ein geradezu galoppierender Anforderungsprozess im Gange sei.

Aus dem Publikum kam die Forderung, Berufsschulabsolventen sollten neben fundierten Kenntnissen in Mathematik, Physik, Englisch und Deutsch auch die Fähigkeit zu Teamarbeit und zur eigenen multimedialen Präsentation mitbringen. Ein souveräner Umgang mit dem Computer und seinen unterschiedlichen Programmen sei von grundlegender Wichtigkeit. „Die Schulen müssten das gewährleisten“, meinte der Gast. Dem entgegnete ein Lehrer, ebenfalls aus dem Publikum, Zielvereinbarungen an Schulen seien wirklichkeitsfremd, weil nicht umsetzbar. In neun Jahren Schulausbildung sei das Geforderte schlichtweg nicht zu erreichen. „Man kann in den Betrieben nicht erwarten, dass die Leute aus den Schulen kommen und schon alles können, was sie in der Berufsausbildung erst lernen“, so der Einwand des Pädagogen.

Angesichts der Klarheit und Deutlichkeit, mit der die Argumente aus Wirtschaft und Berufsschule teilweise aufeinander trafen, ist Kohlbecker beizupflichten, der im jüngsten Gaggenauer Wirtschaftsforum einen „Auftakt zu einer sehr guten Diskussion“ sah, „die fortgesetzt werden muss“.



 

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